Egal aus welcher Richtung man sich dem Golf von Neapel nähert, schon von Weitem
wird dieser dominiert durch den aktiven Vulkan Vesuv.
Die Wucht des Ausbruchs kann man sich vorstellen, wenn man bedenkt, dass dieser
heute 1281 m über dem Meeresspiegel hohe Berg vor der Explosion
seines Gipfels am 24. August 79 nach Christus
gute 2000 m hoch und spitz war!
Wir wissen das von alten Abbildungen und Beschreibungen.
Über Jahrhunderte vorher galt er als erloschen. Der griechische Geograph Strabon,
der im Jahr 19 nach Christus die Gegend bereiste, schrieb »So könnte man schließen, daß dieses Gebiet einst über einem Feuer lag und Feuerkrater hatte, das irgendwann, weil der Brennstoff ausging, gelöscht wurde«.
Man stellte sich also damals vor, dass die Hitze der Vulkane von einem Feuer
aus konventionellem Brennmaterial ausging, vielleicht geschürt vom Teufel
persönlich in der Hölle!
Während dieser langen Ruhezeit, in der kaum vulkanische oder seismische
Aktivitäten stattfanden, konnten sich Spannungen nicht entladen und Drücke
nicht entweichen, so dass unterhalb des Berges große Mengen Energie aufgestaut
wurden.
Ein erstes Vorzeichen, dass Gefahr aus dem Untergrund droht, war ein
starkes Erdbeben im Jahr 62. In Pompeji findet man Spuren, die zeigen, dass bei
dem großen Ausbruch 17 Jahre später noch Reparaturarbeiten von Schäden des
vorhergegangenen Erdbebens im Gange waren.
Der Vesuv, oben von Baia aus gesehen,
unten von Sorrento aus
Welch gewaltige Menge an Gestein bei dem großen Ausbruch weggesprengt wurde,
und welch unvorstellbare Menge an Energie dafür notwendig war, kann man
abschätzen, wenn man sich die Form des Berges vor dem Ausbruch vorstellt:
Bereits im Jahr 1880 baute man für Besucher eine Standseilbahn auf den Vesuv,
die
Funicolare del Vesuvio,
die fast bis zum Gipfel reichte und acht Jahre später eine Bahnlinie von
Herculaneum bis zur Talstation dieser Seilbahn. Bei kleineren Lavaausbrüchen
1906 und 1944 wurden diese stark beschädigt. 1944 begann man mit dem Bau einer
neuen Sesselbahn und einer Autostraße, die erst 1955 fertiggestellt werden
konnten. Nachdem die Straße immer besser ausgebaut wurde und sogar Busse bis
auf 1017 m Meereshöhe fahren konnten, legte man auch die Sesselbahn 1984
still.
Vom Ende der für süditalienische Verhältnisse sehr gut ausgebauten
Straße aus muss man heute die restliche Höhe bis zum Gipfel
bzw. Kraterrand zu Fuß zurücklegen. Am oberen Parkplatz erwarten die Touristen
die allgegenwärtigen Andenkenläden und Imbissbuden.
Vom Fußweg bieten sich wunderbare Ausblicke Richtung Neapel und besonders im
Frühling blühen auf dem Vulkangestein zahlreiche Blumen.
Auf einem relativ gut begehbaren und durch Geländer gesicherten Weg kann man
einen Teil des Kraterrandes erwandern. Auch eine Umrundung des Kraters ist
möglich, allerdings nach einer entsprechenden Einweisung oder mit Führern,
da der Rest des Weges nicht mit Geländern gesichert ist.
Die Dimensionen des Vulkankraters kann man gut auf dem nachfolgenden Bild erkennen.
Im Zentrum des Kreises befindet sich am Horizont des Kraterrandes eine Wandergruppe mit 16 Wanderern!
Links die gleiche Wandergruppe herangezoomt bei ihrer Wanderung an der oberen, noch nicht senkrechten Kraterwand
Rechts eine Aufnahme des Kraters vom Ende des regulären öffentlichen Weges aus
Bei der Explosion des Gipfels wurden verschiedene Gesteinsschichten freigelegt, die von früheren Ausbrüchen in Form von Lava oder Ascheregen künden.
Außer einigen kleinen Dampfwölkchen und gelblichen Ablagerungen, bei denen es
sich möglicherweise um Schwefel handelt, konnten wir vom Rand aus keine
Aktivitäten des Vulkans beobachten. Auch auf den Inneren Kraterwänden wachsen
stellenweise Wildblumen und andere Pflanzen.
Auf dem Bild unten rechts können Sie in der Vergrößerung nochmal die
Wandergruppe am Horizont in der Bildmitte erkennen.
Bei unserem Besuch im Juni bot die Flora an den Hängen des Vesuv eine
bemerkenswerte Vielfalt an bunten Wildblumen, die teilweise direkt auf sonst
noch kahlen Lavafeldern wachsen. Die rosaroten Blüten gehören laut dem
Naturfotografen
Heinz Spath
der Roten Spornblume (Centranthus ruber), die oft auch Roter Baldrian genannt wird.
Auf den relativ frischen Lavafeldern und Lavafelsen wachsen meist
Pionierpflanzen, die besonders im Frühling farbenfroh blühen.
Auch Vögel und Insekten, wie in der Mitte der
Steinschmätzer (Oenanthe)
und rechts ein Bockkäfer, kommen an den Hängen des Vesuv in
großer Anzahl und Artenvielfalt vor.
Deshalb gründete die Provinz Neapel im Jahr 1995 den Nationalpark Vesuv
(Parco Nazionale del Vesuvio)
mit einer Fläche von 8482 Hektar.
An den Hängen des Vesuv sieht man an verschiedenen Stellen die erkalteten
Lavafelder von Lava-Ausbrüchen der jüngeren Vergangenheit. Diese vereinzelten
Ausbrüche konnten Neapel und die Umgebung nicht gefährden.
Innerhalb weniger Jahrzehnte erobert die Natur die Bereiche der Lavafelder wieder zurück. Als erstes besiedeln Pionierpflanzen die kahlen Lavafelsen.
Unterschiedlich harte Gesteinsschichten lassen die Berghänge unterschiedlich
schnell verwittern, so dass ehemalige Risse, in die Lava eingedrungen und
erkaltet ist, durch die Erosion wie Adern hervortreten.
Die Aussicht vom Kraterrand des Vesuv ist grandios. Man muss jedoch einen
klaren Tag erwischen. Häufig ist der Gipfel in Dunst, Nebel oder sogar Wolken
eingehüllt. Bei den Bildern unten waren die Bedingungen auch nicht ideal.
Sucht man vom südlichen Kraterrand aus mit bloßem Auge Pompeji, ist es nur schwer zu finden. Es ist tatsächlich fast 10 km entfernt und trotzdem wurde es von dem Pyroklastischen Strom des Ausbruchs erreicht. Da der Nordrand anscheinend stabiler war, bewegte sich die glühende Asche vor allem Richtung Süden und zerstörte die gesamte Senke bis zur Bergkette der Monti Lattari (Milchberge).
Am Kraterrand sieht man noch die Überreste der Bergstation der alten Seilbahn, die längst stillgelegt und abgebaut ist.
Links ein Foto des Vesuv-Ausbruchs vom 26. April 1872
Die Eruptionen zerstörten damals die Städte Massa di Somma und San Sebastiano. 20 Menschen kamen dabei ums Leben. Es waren allerdings keine Einwohner, die vom Ausbruch überrascht wurden, sondern Schaulustige, die sich zu nahe heranwagten.
Foto: Giorgio Sommer (gemeinfrei)
Man wundert sich, dass die unmittelbare Umgebung des Vesuvs so dicht besiedelt ist. Aber durch die Seltenheit wirklich großer explosiver Ausbrüche relativiert sich das Gefühl für die Gefahr. Man gewöhnt sich an die Anwesenheit des Vulkans und die Gefahr ist nur eine von vielen. Jeden Tag, wenn wir erwachen, beginnen wir im Grunde eine neue Runde Russisch Roulette, nur mit etwas größerer Überlebenswahrscheinlichkeit als bei dem tödlichen Glücksspiel mit dem Revolver. Obwohl wir die Gefahren des Straßenverkehrs kennen, gehen wir jeden Tag wieder hinaus in die Stadt.
Wahrscheinlich ist die Gefahr, durch einen Verkehrsunfall oder Ähnliches umzukommen, größer, als durch einen Vulkanausbruch, auch in Neapel.
Erdbebengefahr in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es vulkanische Erscheinungen. Der Egergraben, das Egertal, vom Fichtelgebirge Richtung Osten durch Tschechien weitet sich ca. 6 mm pro Jahr. Besonders im westlichen Böhmen gibt es immer wieder Serien von Schwarmbeben, die bis nach Bayern und Sachsen zu spüren sind. Sie haben den Vorteil, dass sich Spannungen im Untergrund immer wieder im Kleinen entspannen können, und deshalb kein größeres Erdbeben zu erwarten ist. Äußeres Zeichen sind die Sauerbrunnen und Mineralquellen im Egertal und im Bäderdreieck Franzensbad, Marienbad und Karlsbad, und Gasquellen, wie nachfolgend die Mofette Bublák im Egerer Becken:
Etwas anders sieht es im Rheingraben aus. Dieser ist Teil einer überregionalen Bruchzone in der europäischen kontinentalen Erdkruste, die vom Mittelmeer durch das Rhone-Tal in Frankreich und den Rhein bis nach Süd-Norwegen reicht. Die relative Ruhe hier kann ein Hinweis sein, dass sich im Untergrund größere Spannungen aufbauen. Auch hier gibt es Gasquellen, wie in der Vulkan-Eifel. Der Laacher See ist zum Beispiel die Caldera des Laacher Vulkans, dessen Ausbruch um das Jahr 11 056 vor Christus für geologische Zeiträume noch nicht lange her ist. Nachdem sich die Magmakammer in der Tiefe entleert hatte, brach sie ein, was an der Oberfläche einen Trichter bildete, der sich mit Wasser füllte. Der Laacher See verdankt seine Existenz also einer Einsturzcaldera.