Selbstverständlich werden nicht nur klare Fensterscheiben hergestellt, sondern auch Buntglas und speziell verzierte Gläser in vielen Variationen. Die 1906 gebaute historische Ofenhalle steht inzwischen unter Denkmalschutz. Unten ein blaues Buntglas mit eingeschlossenen Luftblasen, der sogenannten Bläselung, die bei Fensterglas normalerweise unerwünscht ist, aber bei Kunstglas oft interessante Effekte erzielt.
Nicht verwechseln darf man Antikglas mit dem sogenannten Kathedralglas, das mittels moderner maschineller Verfahren flach gegossen oder gewalzt wird und durch Prägung oder thermische Prozesse sein Aussehen erhält.
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Glashütte Lamberts Waldsassen, Glasmanufaktur in der Oberfpalz
Zur Unterscheidung von moderneren Herstellungsverfahren wird dieses nach alten Verfahren handwerklich hergestellte Glas auch Echt-Antikglas genannt, das bezieht sich nicht auf das Alter, sondern auf das Herstellungsverfahren. Neu-Antikglas, auch "Restaurationsglas leicht" genannt, sieht ähnlich aus, kann aber dünner und in größeren Scheiben hergestellt werden. Heute stellt die Glashütte Lamberts als Glasmanufaktur in Waldsassen vielfältige Produkte her, größtenteils in Handarbeit: Echt-Antikglas, Neuantik-Glas, Echte Butzen, Mondscheiben (Tellerscheiben), Dallglas, Tischkathedral-Glas, Kunstglas, mundgeblasenes Fensterglas.
Auch im nahen Fichtelgebirge, in Oberfranken, wird spezielles Glas hergestellt, und zwar in der Glasfabrik Lamberts in Wunsiedel. Sie fertigt in modernen Gussglasverfahren Profilbauglas, kunstvolles Ornamentglas, Solarglas und Drahtornamentglas. Unsere Glashütte in Marktleuthen wurde leider schon Ende der 60er Jahre geschlossen.
Urgeschichte, Frühgeschichte
Es gibt auch natürlich vorkommende Gläser. Schon vor vielen Jahrtausenden nutzten Menschen zum Beispiel Obsidian wegen seiner scharfen Bruchkanten für Werkzeuge wie Keile, Schaber und Messer. Der für diesen Zweck schon in der Eiszeit bekannte Feuerstein besteht ebenso wie Glas aus Siliziumdioxid. Damit wurden andere Materialien bearbeitet, die Werkzeuge selbst konnte man nur durch Abschlagen bearbeiten, um scharfe Kanten zu erzeugen. Schmelzen konnte man das Material noch nicht. Der Rohstoff wie Quarz schmilzt auch nicht einfach, indem man ihn ins Lagerfeuer legt. Dazu sind höhere Temperaturen nötig.
Ägypten
Wer die Glasherstellung durch Schmelzen erfunden hat, und wann, ist umstritten. Eine Altersbestimmung sehr alter gefundener Gebrauchsgegenstände aus geschmolzenem und beareitetem Glas ist oft nicht direkt möglich, sondern nur durch die Fundumgebung. Als ältestes Glasgefäß mit sicherer Datierung gilt ein Kelch, der die Kartusche des ägyptischen Pharaos Thutmosis III. (15. Jahrhundert vor Christus) trägt.
Die Römer
Eine umfangreiche Glasherstellung betrieben die alten Römer. Der Naturforscher Plinius der Ältere, der beim Vulkanausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus in Stabiae am Golf von Neapel starb, beschreibt die Herstellung des Glases im antiken Rom. Die Kunst der Glasherstellung brachten die Römer auch zu den Germanen.
Mittelalter und Neuzeit
Im späten Mittelalter wurden die Gläser und Spiegel von der Insel Murano in Venedig berühmt. Durch bestimmte Mineralien als Zuschlagstoffe konnten sie bis dahin nicht erreichbare Klarheit und Durchsichtigkeit erreichen. Damit machten sie Venedig reich. Georgius Agricola beschreibt in seiner De re metallica diese Glasherstellung nur sehr ungenau, da die Rezepturen und Herstellungsverfahren streng geheim waren. Mineraliensammler, die Mitteleuropa durchstreiften, um diese zu finden, werden noch heute Venediger genannt.
Früher wurden Flachgläser oft im Mondglasverfahren erzeugt. Dabei wurde erst eine große Glaskugel mit Loch erzeugt, die unter großer Hitze schnell gedreht wurde. Durch die Fliehkraft wurde sie flach. Auf diese Weise konnte man sogenannte Butzenscheiben mit über 1 m Durchmesser erzeugen. Das Mittelstück, die Butze, wurde oft mit Blei eingefasst für Kirchenfenster und andere Fensterverglasungen verwendet. Auch die evangelische Kirche in Marktleuthen im Fichtelgebirge, meiner Heimatstadt, besitzt Kirchenfenster aus Butzenscheiben, die jedoch später auch nach anderen Verfahren hergestellt wurden.
Proterobas
Im Fichtelgebirge kommt am Ochsenkopf (Oberfranken) ein Gestein vor, das sich wie Glas schmelzen lässt. Es ist ein grüner, basischer Porphyr, der zu Glasknöpfen und Glasperlen verarbeitet und als Ochsenkopf-Proterobas bekannt wurde. Im Geschichtspark Bärnau in der Oberpfalz kann man zuschauen, wie mit relativ einfachen Mitteln solche Glasperlen hergestellt werden können. In Bärnau in der Oberpfalz hatten sich viele Handwerker auf die Herstellung von Glasknöpfen spezialisiert.
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