|
Marques, Marquis oder Markgraf de Pombal
mit dem nach dem Erdbeben wieder aufgebauten
Lissabon, Gemälde von Louis-Michel van Loo
und Claude Joseph Vernet, 1766,
Abb.: Gemeinfrei
|
Das einschneidenste Ereignis für Lissabon war sicher das große Erdbeben am
1. November 1755. Es erreichte eine Stärke von 9,1 auf der Richter-Skala.
Vormittags um 10.00 Uhr, als viele Menschen den Feiertag Allerheiligen in den
Kirchen begingen, bebte die Erde und eine große Anzahl Gebäude stürzte ein.
Da Menschen auf den Straßen von herabfallenden Trümmern und einstürzenden
Gebäuden erschlagen wurden, brachten sich viele am Flussufer der
Tejo-Mündung
in trügerische Sicherheit.
Eine verheerende Flutwelle vom Meer her überschwemmte mehrere Meter hoch die
Bereiche am Fluss und an der Küste.
Der Rest der Stadt wurde von einem unkontrollierbaren Feuer vernichtet.
Zehntausende Menschen starben bei dieser Katastrophe.
Die sehr religiösen Einwohner Lissabons erwarteten von den Priestern eine
Erklärung, warum Gott ausgerechnet dann eine Katastrophe schickte, wenn sie an
einem Feiertag in der Kirche beteten. Die Antworten der Priester war
unbefriedigend. Der italienische Jesuitenpater
Gabriel Malagrida
warf ihnen vor, Gott habe das Erdbeben, die Flutwelle und das Feuer geschickt,
um sie für ihre Sünden zu bestrafen. Er forderte die Einwohner auf, sich nur
auf das Beten zu konzentrieren und sich nicht dem Wiederaufbau zu widmen.
Der Mann der Stunde jedoch war der
Marques de Pombal (Marquis oder Markgraf von Pombal).
Begeistert von den Ideen der Aufklärung,
die er in London und in Wien kennengelernt hatte, plante er auf seinem Landsitz
etwas außerhalb der Stadt ein neues Lissabon,
ein weltlicheres und weltoffenes, basierend auf den damals modernen
naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und den aufklärerischen Thesen des
französischen Philosophen
Denis Diderot,
der erstmals in Europa das Monopol der Kirche auf die Erklärung der Welt in
Frage stellte.
Da die meisten Mittel zum Aufbau der Stadt und nicht zum Wiederaufbau der
Kirchen verwendet wurden, zog sich Pombal die Feindschaft der Kirche zu.
Der Streit gipfelte in der Hinrichtung von Gabriel Malagrida durch die
Garrotte, einem Würgeisen an einem Holzpfahl. Seine Leiche wurde verbrannt und
die Inquisition verboten.
Nach dem Wiederaufbau war Lissabon eine Zeit lang die modernste Stadt der Welt.
|